Ausstellungsresümee

(aus der Sondernummer II der MITTEILUNGEN, 1993)

Vorwort von Ulrich Daduna

Auszüge aus den Künstlerstatements von Anneliese Knorr:

Auszüge aus den Künstlertexten von Dr. Reinhold Lange

Das Flair des Internationalen: Namhafte Künstler aus dem Freundeskreis

 

Pressestimmen




Über Regina Albrecht
:
LEHRSTÜCK ÜBER DEN ANSPRUCH AN SICH SELBST

Die enge Verknüpfung individueller Lebensmaximen mit der künstlerischen Entwicklung einer jungen Frau lernte ich am Beispiel von Regina Albrecht kennen. Ihr hoher Anspruch an sich selbst, an ihre Umgebung und an die Gesellschaft im allgemeinen lässt sie auch im Bereich der bildenden Kunst keinen Schritt vom Weg abweichen. Später erfuhr ich, dass sie nichts dem Zufall überlässt. Die Solidität ihrer künstlerischen Aussage beruht auf sorgfältiger Information über alle Bereiche künstlerischer Arbeit, wobei sie nicht nur die bildende Kunst favorisiert, sondern auch Musik, Theater und Literatur. Sie legt gern den Finger in die Wunden verquerer Zustände. Das hat weniger mit Sendungsbewusstsein zu tun als mit der Erkenntnis, dass Veränderung nur durch das eigene gute Beispiel möglich ist.(AK)

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Regina Albrecht: Verletzlichkeitn

"Verletzlichkeit", 1993
Fotografie



Über Helmut Bettenhausen
:
VOM WACHSEN EINER FREUNDSCHAFT IN BEGLEITUNG DER KUNST

Mit Helmut Bettenhausen verbindet mich eine lange Wegstrecke menschlicher Erfahrungen, die sich obendrein wie ein roter Faden durch die Kunstentwicklungen dieser Region zieht. Bettenhausen schien der Prototyp des ausgeschlafenen Ruhrgebietlers zu sein. Als ich ihn traf, war er nach einer abgeschlossenen Handwerkslehre bereits Studierender an der Folkwangschule Essen und ein Bildermacher mit einem ernstzunehmenden formalen Konzept. Die sich bereits um diese Zeit anbahnende Freundschaft war indessen so pflegeleicht nicht. Hochgradig sensibel und mit einem Hang zu Selbstzweifeln, dem manches scheinbar missglückte Kunstwerk zum Opfer fiel, zog er gelegentlich auch Ermunterungsversuche in Zweifel. So wurde unser herzliches Einvernehmen manchmal auf eine harte Probe gestellt. Erst später kam mir der Gedanke, dass diese starke Selbstkritik jeweils der Schlüssel zum nächsten Problem war.(AK)

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Helmut Bettenhausen: Schwarz konkret

"Schwarz konkret", 1993
Installation mit Holz, Bitumen, Eisenwinkeln


Über Uwe Gelesch:
VON DER WOHLTAT GLEICHER INTERESSEN

Die Spurensuche zwischen Kunst und Design, das Faible für die Exklusivität der Form und die Wissbegierde, darüber Neues zu erfahren, ist als Ausganggspunkt für eine Dauerdiskussion nicht selbstverständlich. Zumindest nicht bei einem Altersunterschied der Kontrahenten von fünf Jahrzehnten. Vor fast zehn Jahren lernte ich Uwe Gelesch als einen jungen Kunstbesessenen kennen, der neben seinem bürgerlichen Beruf ein überraschendes Maß an kreativer Energie verfügte. Sein Heißhunger nach Information war ebenso erstaunlich wie die Beharrlichkeit, mit der er sie sich zu verschaffen wusste. Er provozierte mich zu einer Anknüpfung an halb vergessene Erfahrungen der 50er Jahre bis weit hinein in die Zeit der avantgardistischen Sechziger. Inzwischen sind wir zu bemühten Faktensammlern geworden mit einem besonderen Feeling für die Reize des zeitgenössischen Designs.(AK)

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Uwe Gelesch: Quadrat mit goldenen Schnitten

"Quadrat mit goldenen Schnitten", 1993
Astralon-Folie


Über Rolf Glasmeier
:
BEGEGNUNG MIT EINEM KOMPROMISSLOSEN

Ausstellungsmacher, Künstler-Kollegen, Drucker und Öffentlichkeitsarbeiter wissen, was ich meine - Rolf Glasmeier ist ein gnadenloser Perfektionist, der niemals Abstriche macht. Das gestaltet den Umgang mit ihm nicht einfach, sichert aber andererseits höchste Qualität. Die Konsequenz der künstlerischen Entwicklung trifft sich mit seinen Maximen als Designer und Fotograf, sodass Glasmeier geradezu ein Paradebeispiel für die Gleichwertigkeit von Kunst und Design ist.
In den 60er Jahren kreuzten sich unsere Wege. Als ich 1965 mit der Druckerei Otto Sproll zu tun hatte, war er gerade da gewesen, als Lehrling im Schriftsetzermetier. Noch im gleichen Jahr arbeiteten wir zusammen im Presseamt, wo er ein Fotopraktikum bei meinem Mann absolvierte. In dieser Zeit bestätigte sich der Eindruck eines wissbegierigen, ideenreichen Jungkünstlers, der systematisch alle Informationsangebote nutzte.
Wie schon seit vielen Jahren, habe ich das Vergnügen, diese erstklassigen Angebote zeitgenössischer Kunst journalistisch zu begleiten. Wie oben bereits erwähnt: Enttäuschungen sind dabei weitgehend ausgeschlossen.(AK)

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Rolf Glasmeier: Aus 2 wird 3

"Aus 2 wird 3", 1992
Rauminstallation mit Naturmaterialien


Über Rüdiger Goeritz
:
SARKOPHAGE DER NATUR


Das Bestreben des Künstlers, Fundstücke aus der Natur wie Sinnzeichen zu behandeln, die es zu erhalten gilt, reicht über fast drei Jahrzehnte zurück. Währenddessen sammelte Rüdiger Goertiz alles, was ihm in Wald, Feld, an Stränden und fernen Küsten bemerkenswert erschien: Steine, Käfer, Pflanzen, Zweige, Blätter, Fasern, Muscheln und Seegetier. Manche Objekte seiner Sammelwut verschloss er in Kästen, Anderes tauchte als Form, gereiht und in ständiger Wiederholung, in seinen druckgrafischen Blättern auf. Ob in natura oder als Bildelement - der Künstler erschloss sich ein immer größeres Reservoir gestalterischer Auslöser.
Ob es sich nun um die direkte Verwendung von Fundstücken handelte oder um das entsprechende Abbild im Druckverfahren - immer stand das Moment der Bewahrung im Vordergrund, das in seinen neuesten Arbeiten besonders relevant wird. Die eng mit breiten dunkelbraunen Leisten eingefassten Glassärge bewahren die rustikalen Natur-Fetische wie Reliquien für die Ewigkeit. Abgeschlossen und dem Zugriff entzogen, wirken sie dennoch wie stille Mahner, den Übermut im Gebrauch der Umwelt nicht zu übertreiben.(AK)

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Rüdiger Goeritz: Sarkophage der Natur

"Sarkophage der Natur", 1993
Assemblage mit Fundstücken


Über Rainer Kleinschmidt:
DIE WAHRNEHMUNG DES AUGENBLICKS ODER DIE DAUERHAFTIGKEIT DES GEGENSEITIGEN VERTRAUENS

Das Datum unseres Kennenlernens lässt sich genau bestimmen: Es war 1962 im Kunstkabinett Funke, wo Rainer Kleinschmidt als 23-jähriger Student mit einer Ausstellung von Malerei und Zeichnung an die Öffentlichkeit tratt. Ich erinnere mich an Porträtstudien, an Gesichter, die sich aus einem kraftvoll gesetzten Lineament entwickelten, und an atmosphärisch dichte Impressionen aus Paris, der Stadt meiner damaligen Träume.
Kleinschmidt selbst zeigte sich als zurückhaltender Interpret seiner Arbeiten, der aber mit fundierten Betrachtensweisen über Kunst und ihre kommunikative Wirkung aufhorchen ließ. Der damalige Eindruck täuschte nicht. Kleinschmidt hat sich selbst eine lange und intensive Ausbildungs- und Reifezeit auferlegt. Das bedeutete, ihn im journalistischen Tagesgeschehen weitgehend aus den Augen zu verlieren. Als ich ihn Mitte der 80er Jahre nach mehr als zwanzig Jahren wiedersah, war es zunächst eine Begegnung mit einem Fremden. Kleinschmidt Rückkehr in die Szene wirkte seinerzeit wie ein Paukenschlag. Für mich aber bedeutete das Aufeinandertreffen mit einem gleichgestimmten Gesprächspartner ein Zugewinn an gegenseitigem Vertändnis und freundschaftlicher Zuwendung, die sich in der eigenen Verunsicherung am schönsten bewährt.
(AK)

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Rainer Kleinschmidt: New  York Flow

"New York Flow", 1993
Lappenobjekt


Über Wolfgang Liesen:
JONGLEUR ZWISCHEN SCHWERGEWICHT UND DER LEICHTIGKEIT DES SEINS

Mein Kontakt zu Wolfgang Liesen muss bis in die Mitte der 50er Jahre reichen, denn damals trafen sich mein Mann Ernst und Liesen regelmäßig in einem Bildhauerkurs des Essener Plastikers Joss Röwer. Die Erinnerung an die dortigen Bemühungen um skulpturale Fertigkeiten ist bei Liesen noch ganz frisch, während sich mein Auftauchen im Dunkel verliert. Zumindest war er damals nach einer Ausbildung als Steinmetz gerade im Begriff, sein Studium an der Folkwangschule aufzunehmen, das er später an der Kunstakademie fortsetzte. Aber Masse und Krafteinwirkung ("Umformer") sind nicht allein die Hauptfaktoren seines Werkes. Der empfindsame Freund von Naturerlebnissen, festgeschrieben in etlichen Nordlandreisen, bezieht auch das Leben mit der Kreatur ein. Zu den ästhetisch reizvollsten Bilderfindungen gehört sein Wettbewerbsvorschlag für die Halde Rungenberg. Der "Vogelschattenweg", eine poetische Spurensicherung über Träume und Wünsche zur Rückkehr des Menschen an die elementaren Quellen des Lebens, sieht die Vögel als Boten verlorener Paradiese.(AK)

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Wolfgang Liesen: Autopsie

"Autopsie", Umformer Nr. 69, 1992
Holz und Stahl


Über Friedhelm Lork:

ENTDECKT, VERMISST, ABER NICHT VERGESSEN

Anfang der 60er Jahre kaufte mein Mann Ernst eine aufregende Collage aus einer Jahresschau Gelsenkichener Künstler im Museum. Der Künstler hieß Friedhelm Lork. Ich werde die Freude über diesen Fund nie vergessen, weil wir der festen Überzeugung waren, einen talentierten jungen Maler entdeckt zu haben. Derweil wunderte sich der damalige Museumsleiter über die Auswahl, denn die Arbeit war für sein Verständnis mehr als vorwitzig - versteckt hinter gemalten Partien mit aufliegenden Farbstrukturen waren Ausrisse aus der Produktwerbung zu erkennen. Als Friedhelm Lork den Nachwuchspreis der Stadt Gelsenkirchen 1961 erhielt, stand ein Interview an. Mehr oder weniger gefasst auf tastende Versuche und Arbeiten unterschiedlicher Qualität war ich kaum vorbereitet auf das, was zum Vorschein kam: eine am frühen Informel orientierte Malerei auf Leinwand und Papier, die das Stadium einer Versuchsreihe längst hinter sich hatte. Sie lag nicht nur im Trend der Zeit, sondern fügten der gegenstandslosen Kunst auch frische Impulse hinzu. Da erzwang die Aussicht auf eine berufliche Chance eine größere Unterbrechung. Umso verblüffender war sein Wiederauftauchen Ende der 80er Jahre. Im Kontext zwischen alten und neuen Arbeiten war kein Einbruch zu erkennen. Die Vitalität und Freizügigkeit in der Komposition und im Gebrauch der Farben und Formen war erhalten geblieben. (AK)

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Friedhelm Lork: Korrespondenzen

"Korrespondenzen", 1993
Collage/Malerei


Über Roswitha Petry-Hamann:
DER HERBE CHARME DER ZEICHEN

Seit jeher bewegen sich ihre Darstellungen auf dem schmalen Grad zwischen Figurationen und Gegenstandlosigkeit, ein Übergleiten in konkrete Bereiche, wo die Form die Funktion des Zeichens bekommt. Hier vollbringt sie einen Balanceakt, der ein sicheres kompositorisches Gefühl für die Ausgewogenheit der Bildinhalte verlangt. Dabei wechseln die technischen Mittel auf interessante Weise. Breite Spachtelspuren, die sich zu Verdichtungen zusammendrängen lassen, wechseln mit dunklen Liniengespinsten und dünnen Pinselmarkierungen, die sich wie ein Netz über einem hellen Fond ausbreiten. Daraus entwickelt sich eine Bildsprache, die von dem herben Charme der Zeichen lebt. Roswitha Petry-Hamann durchmisst gern die Wegstrecke zwischen Auflösung und Verfestigung der Kompositionselemente. Letzteres demonstriert sie vorwiegend in ihrer Malerei, wo sich Farbinseln immer mehr zu einer vibrierenden Fläche zusammenschieben. Symbolcharakter tragen hingegen ihre Bildobjekte, in denen sie malerische Partien mit grafischen Gerüsten und collagierten Materialien verbindet. Das deutlich zutage tretende Lineament verweist auf ihre langjährige Tätigkeit als Designerin, die sich mit Plakaten, Entwürfen und Buch-Illustrationen einen Namen machte. Dieser vielseitigen Künstlerin über so viele Jahre zuzusehen und festzustellen, dass ihr der große Atem nicht abhanden gekommen ist, erfüllt auch den Beobachter mit Genugtuung, zumal sich auch auf privater Ebene ein vertrautes Miteinander eingestellt hat. (AK)

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Roswitha Petry-Hamann: Von A bis Z

"Von A bis Z", 1993
Acryl auf Leinwand


Über Mario Reis:

ALLE FLÜSSE DIESER ERDE?

Zuzutrauen wäre es ihm schon, dass er seine Leinwände in den Wassern aller Kontinente treiben lässt. Erste Anläufe hat er bereits hinter sich. Mario Reis, gerade wieder zu einer großen Tour in die USA aufgebrochen, hat sich dennoch nicht aus dem heimischen Kunstgeschehen verabschiedet. Er hängt an der Stadt, in der er aufgewachsen ist und von der aus er die ersten Flugversuche unternahm. Vor Aufbruch und nach Abschluss einer Reise ist Mario am Telefon und pocht auf die alten freundschaftlichen Verbindungen, die ihm offensichtlich noch sehr viel bedeuten. Mir selbst geht es nicht anders.
Inzwischen von namhaften Galerien vertreten, ist die internationale Anerkennung in greifbare Nähe gerückt. Der ehemalige Stipendiat der Stadt Gelsenkirchen und Kunstpreisträger 1981, bedacht mit zahlreichen Stipendien, gewann vor zwei Jahren die Silbermedaille der "Triennale '90" in Osaka. Das war für den einstigen Studierenden an der Kunstakademie Düsseldorf (Akademiepreis) und Meisterschüler von Prof. Günther Uecker ein Maßstab im außereuropäischen Kräftemessen.
Ich kenne Mario Reis noch aus der Zeit konstruktiver Gestaltungsex

perimente, als er zeitweise mit wildem Rauschebart gegen verquere gesellschaftliche Zustände anrannte. Aktionen mit visuellen und akustischen Signalen leiteten über zu der Epoche der Körper- und Sinnesbeschreibungen, in der die sensiblen "Blindzeichnungen" entstanden. Seit Jahren treiben nun seine Leinwände, auf Keilrahmen gespannt, im fließenden Wasser, das seine malerischen Spuren hinterlässt. (AK)

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Mario Reis: Naturaquarelle

"Naturaquarelle", 1984/85
Tuchobjekte


Über Ursula Simon:

WAHRHEITEN HINTER DER FASSADE

Ursula Simon nähert sich der Kunst auf verschiedenen Ebenen. Eine natürliche Begabung für mehrere gestalterische Disziplinen machte den Weg von dem Umgang mit Farben und über ihre zeichnerischen Virtuosität bis zu den heutigen Ausdrucksmitteln nicht einfacher.
Als ich Ursula Simon Anfang der 80er Jahre kennen lernte, war sie mit dieser Einstiegsphase bereits unzufrieden. Sie begann, nach den Wahrheiten hinter der Fassade zu suchen, und entwickelte eine ungeheure Energie bei der Entdeckung ihrer eigentlichen kreativen Kräfte. Sie verwickelte mich in lange Gespräche und verlangte unerbittliche Kritik, vor allem als sie begann, sich mit der Technik der Collage zu beschäftigen. Im Laufe der Zeit befanden sich unter den "objets trouvés" immer mehr Beispiele aus der Produktwerbung, sodass daraus eine Kollektion zum Thema "Kunst aus Konsum" entstand. Das führte sie an das vom Kunstverein kolportierte Leitmotiv "Kunst und Design", das sie zuletzt in der Ausstellung "Plakate & Kunststücke" auf vielfältige Art variierte. Zu den Höhepunkten ihrer bisherigen Entwicklung aber zählen die Décollagen: Bildtafeln aus dem Abriss der Plakatwände, die von der Rückseite bearbeitet werden.
Dieses beharrliche Ringen um die Affinität der Bildzitate, die sich auf geheimnisvolle Weise mit einer fortschreitenden Verfremdung verknüpft, über eine lange Distanz zu verfolgen, wird nicht nur für die Künstlerin ein Abenteuer. (AK)

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Ursula Simon: Ansteigend

"Ansteigend", 1993
Décollage


Über Günter Tollmann:

"ES WAR ABENTEUERLICH, IHN ZU KENNEN"

Ein Künstlertyp seiner Provenienz findet sich immer seltener. Ich habe Günter Tollmann, der 1990 gestorben ist, mehr als 30 Jahre gekannt, beobachtet, und seine Lebensauffassung bewundert. Für ihn war die Kunst noch etwas Heiteres, Anfeuerndes, in alle Bereiche des Daseins Eingreifendes. Er lieferte sich ihr so pauschal aus, als habe er keine Angst vor dem Absturz.
Das verband sich mit einer großen Herzlichkeit und Offenheit seinen Mitmenschen gegenüber. Er hatte die Gabe, spontan Zuneigung auslösen zu können, und das bedeutete, dass er häufig von einem großen Freundeskreis umgeben war, vor allem bei den Vernissagen und Kunst-Fêten im eigenen Haus - zuerst an der Emil-Zimmermann-Allee in Gelsenkirchen und später auf seinem Bauernhof im niedersächsischen Harbergen. Zusammen mit seiner Frau Ursula, die seine Interessen und seinen Lebensstil teilte.
Ende der 70er-Jahre schrieb ich einmal in einem Katalogtext: "Es ist abenteuerlich, ihn zu kennen, ihn zu mögen, seine Werke zu schätzen und deren Entwicklung zu verfolgen." Und so habe ich ihn auch in Erinnerung: als eine vitale Künstlerpersönlichkeit mit barocken Umgangsformen und einem großen Herzen für seine Freunde. (AK)

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Günter Tollmann: Kopf, 1987

"Kopf", 1987
Malerei


Über Gérard Walther:
DIE WELT IST KLEIN UND DIE KUNST INTERNATIONAL

Gérard Walther, in Südfrankreich geboren, lebt als freischaffender Künstler in Hamburg. Die Stadt ist seit mehr als zwei Jahrzehnten seine zweite Heimat. Vermittelt wurde unsere Bekanntschaft durch eine in Gelsenkirchen lebende Tante, die die Kunst ihres angeheirateten Neffen in so beredten Farben schilderte, dass ein Treffen unvermeidlich schien. Sie hatte Recht. Gérards Arbeiten waren nicht nur des Ansehens wert, sondern auch ausstellungsreif - zumal seine Thematik einer Zeiterscheinung folgte, die die Situation des Menschen in einer bedrohten Welt zum Inhalt hatte. Später stellte sich heraus, dass es noch einen weiteren Grund für gegenseitige Sympathie gab: unsere Vorliebe für Burma-Katzen, sodass auch unsere Hausmiezen inzwischen untereinander verwandt sind.
Erstaunlicherweise verfolgt Gérard Walther mit seinen künstlerischen Niederschriften - Zeichnungen, Gemälde, Collagen - ein Generalthema, das zu seinem eigenen positiven Erscheinungsbild und seinem verbindlichen Charme gar nicht zu passen scheint. Die Bildinhalte rühren an die Grundsubstanz menschlicher Existenz. Er stellt den Menschen in einer Welt von Gewalt, Krieg und nuklearer Bedrohung als Hilflosen und Erleidenden dar. Die Unfähigkeit des friedlichen Miteinanders gipfelt in der Erkenntnis, dass der "Malträtierte Mensch" (so der Titel seiner Ausstellung im Museum) in einen Zerstörungsprozess hineingeraten ist, dem er wenig entgegenzusetzen hat. Die mit Malerei verbundene Technik der Collage - eingefügt werden Papier, geriffelte Pappe oder Stoffreste - unterstützt den Eindruck der Auflösung. (AK)

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Gérard Walther: o.T, 1990

ohne Titel, 1990
Collage, Malerei


Über Bernard P. Woschek:

SPÖTTER MIT DURCHBLICK UND WAHRHEITEN-SAGER

Als unsere Schreibtische noch im Hans-Sachs-Haus standen - meiner im Presseamt und Berni Woscheks in verschiedenen Ämtern, die um seine Ausbildung zum Kommunalbeamten bemüht waren -, gestaltete sich die Kommunikation verhältnismäßig einfach. Wo sich eine Gelegenheit ergab, diskutierten wir für die zeitgenössische Kunst. Schon damals stand Bernis Entschluss, dem sicheren Behördendasein zu entsagen, fest. Das schien konsequent angesichts der Fülle kreativer Ideen, die auf Verwirklichung warteten. Ebenso folgerichtig angegangen wurde das zweite Leben mit der Kunst, dem er ein Kunst- und Psychologiestudium vorschaltete.
Während der Studienjahre in Düsseldorf und Bonn begann sich der ganze Umfang seiner Talente als Zeichner, Maler, Objektmacher, Autor und Trickfilmer abzuzeichnen, eine Entwicklung, die ihm bis heute alle Möglichkeiten offen hält. Schon in den 70er Jahren zeigte sich seine Vorliebe für den genau treffenden Witz und den intellektuellen Gag, der heute seine Fernseh-Cartoons, in Zusammenarbeit mit Stefan Wald, zu Bestsellern macht. Dabei ist Woschek kein Zyniker, der Rundumschläge austeilt. Sein Humor trifft zwar gnadenlos ins Schwarze, aber er verletzt nicht. Das von ihm entworfene Bild der Regierenden suggeriert in der Regel naiv-dumpfes Mittelmaß, verleitet aber nicht selten auch zu verständnisvollem Mitleiden. Sein kritisches Verhältnis zu Natur und Umwelt bzw. die zwiespältige Rolle des Menschen zu seiner Erdkugel spiegelte eine Ausstellung, die er 1988 für den Kunstverein inszenierte. "Kulturelle Beziehungen zur Natur" hieß die Schau um Museum, in der nicht nur die Bandbreite zwischen Zeichnung, Tafelbild und Objekt sichtbar wurde, sondern auch die Leichtigkeit, mit der er die Absurditäten auf unserem Planeten und die Auswüchse menschlicher Dummheit durcheinanderwirbelte. Wie gesagt - ein liebenswerter Spötter. (AK)

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Berni Woschek:  Wandinstallation Culture-Nature Deutschland

"Culture - Nature Deutschland", 1992/93
Wandinstallation


Über Hubert Berke:

Im Museum seiner Heimatstadt fand 1979 die lezte Ausstellung zu Lebzeiten des Künstlers statt, keine Retrospektive, aber doch ein eindrucksvoller Querschnitt seines Schaffens der letzten zwanzig Jahre. Hubert Berke hatte diese Ausstellung mit starkem persönlichen Engagement mitgestaltet, es bereitete ihm Freude, nach Jahrzehnten wieder einmal in Gelsenkirchen-Buer sein Werk zeigen zu können. Nicht zuletzt war es auch das Wiedersehen mit alten Freunden und Bekannten, die die Eröffnung für ihn zum Ereignis machte.
Auch nach seinem Tode wenige Wochen später wurde Berke in Gelsenkirchen nicht vergessen - es blieb auch der Kontakt zu Brundhilde Berke, die den riesigen Nachlass ihres Mannes verwaltet und pflegt. (RL)

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Hubert Berke: Herr in blau

"Herr in Blau", 1967
Öl auf Leinwand


Über Leo Breuer:

Der 100. Geburtstag von Leo Breuer, im März diesen Jahres vom Berner Kunstvrein mit einer großen Ausstellung gewürdigt, ist, wenn auch eher zufällig, auch für das Museum Gelsenkirchen Anlass, an einen Künstler zu erinnern, der zu den herausragendsten Vertretern der auch in diesem Hause besonders gepflegten "Konkreten Kunst" gehört. Vier Jahre nach seinem Tode, im Mai-Juni 1979, konnte eine umfangreiche Breuer-Ausstellung im Museum durchgeführt werden; zwei schöne Werke fanden den Weg in die Sammlung. Den Zugang zu Breuers Werk ermöglichte seine Witwe Annie, die sich mit Engagement und Temperament für Leo Breuers künstlerische Hinterlassenschaft einsetzt und bis heute als sachkundige Verwalterin den umfangreichen Nachlass hütet und pflegt.
Leo Breuer fand relativ spät zum Konstruktivismus, erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Nicht zuletzt aufgrund der Kontakte zu französischen Künstlerkollegen, entwickelte er einen Stil ganz eigener Prägung. Heute, im Rückblick, erkennen wir Breuers Rang. Ohne Zweifel gehört er zur ersten Garnitur in der Konkreten Kunst, eine Wertung, die ihm in Frankreich, wo er viele Jahre verbrachte, längst zuerkannt wird. (RL)

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Leo Breuer: Reliefs cinetiques virtuels

"Relief cinétique virtuel R23/R24", 1969
Acryl auf Holz


Über Utz Brocksieper:

Bei vielen Bildhauern, die ich kennen lernte, fiel mir auf, dass sich überdurchschnittlich viele von ihnen durch ein heiteres, gewinnendes Wesen auszeichnen, durch Kameradschaftlichkeit und Hilfsbereitschaft ohne Berechnung, und das ganz unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Lage. Mögen andere darüber spekulieren, ob es die Schwerarbeit ist, die der Psyche gut tut.
Einer von ihnen ist Utz Brocksieper aus Hagen, mit dem die Skupturenausstellungen auf der Rottmansiepe in Buer ihren Anfang nahmen.
Natürlich nimmt Brocksieper seine Kunst ernst, er arbeitet hart, sucht und versucht, steht seinen Mann im schweren Geschäft des Künstlerlebens. Er produziert, wie viele Künstler, ohne sich des Beifalls der Menge gewiss sein zu können, wenn auch die Anerkennung durch die "Fachwelt" eine Ermunterung sein mag. (RL)

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Utz Brocksieper: Gegenläufig

"Gegenläufig", 1992
Rohrinstallation


Über Siegfried Danguillier:

"..Oft habe ich in Gesprächen erfahren, mit welcher Achtung von seinem Werk gesprochen wird - überflüssig zu sagen, dass ich diese hohe Meinung immer geteilt habe." Danguillier ist eher ein ruhiger Mensch, der nicht viel Aufhebens von sich macht, der den Eindruck macht, dass er seiner Sache sicher ist und nicht viel darüber reden muss. Danguilliers frühere Experimente mit Schriften und Typografie hatten immer Ergebnisse, die nichts Experimentelles an sich hatten, es waren auch immer gültige Lösungen. Nur ein ganz intakter künstlerischer Instinkt konnte (und kann) die Ursache sein für eine solche Sicherheit in der Handhabung der künstlerischen Mittel.
In den "Toskanischen Mauerbildern" der jüngsten Zeit treten die Schriftzeichen zurück zu Gunsten einer wie überkrustet wirkenden Fläche mit sparsamen Strukturen und fast erloschener Farbigkeit. Optische Reiseerinnerungen reproduzieren sich auf der Leinwand, werden zum Abbild des Alterns von Materie, ein Altern, das sich in Würde und Schönheit vollzieht. Beides macht Danguillier in diesen Bildern eindringlich sichtbar. (RL)

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Siegfried Danguillier: Toskanisches Mauerbild

"Toskanisches Mauerbild", 1993
Mischtechnik

 


Über Peter Faßbender:

Es entspringt einer eher romatnisch verklärenden Auffassung von Künstlertum, den Rang eines Künstlers im umgekehrten Verhältnis zu seiner Bereitschaft und Fähigkeit zum Broterwerb bestimmen zu wollen. Eines der nicht seltenen Gegenbeispiele verkörpert Peter Faßbender, Kunsterzieher in Essen-Werden, promovierter Kunsthistoriker, seit zwanzig Jahren beteiligt an zahlreichen Ausstellungen. Mit den gleichen Problemen, die jeden Künstler beschäftigen, befasst sich - auf seine Weise - auch Faßbender: Fläche und Raum, Bindung und Freiheit, Ton, Farbe usw. Auf seine Weise - das heißt: weder naiv, impulsiv, explosiv noch ausgetüftelt, rational, dogmatisch. Faßbender weiß, was er tut, er schaltet auch seine Intelligenz, sein kunsttheoretisches Wissen nicht aus. Sie bestimmen aber keineswegs den Anbtrieb zum Malen und auch nicht die Gestaltung, wohl aber zur nachträglichen Kontrolle und Selbstbeurteilung, die zuweilen auch hart ausfällt.
Faßbenders Meisterschaft erwies sich schon vor Jahren an den relativ kleinen Formaten, die sowohl durch ihren subtilen Bildaufbau wie auch durch ihre sensible Farbigkeit auffielen. Mit den größeren Formaten der letzten Zeit gelangt Faßbenders Können immer mehr zur Reife. (RL)

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Peter Faßbender: Versatzstücke gelb/schwarz

"Versatzstücke", 1993
Gelb/Schwarz, Öl auf Leinwand

 


Über Yvonne Goulbier:

Künstler, die die klassischen Medien meiden und dafür übergreifende Projekte durchführen, machen es sich nicht leicht. Zu solchen gehört Yvonne Goulbier, die in den letzten Jahren ganze Räume gestaltete, verfremdete, mit einer neuen optischen Qualität versah. Solche Environments sind nicht für die Dauer geschaffen, man kann sie also auch nicht "verkaufen", tragen daher auch nicht zum Lebensunterhalt bei, verursachen aber demgegenüber ein hohes Maß an Planung, Mühe und Arbeitseinsatz. Zeugen einer solchen Anstrengung, die dann zu einem zauberhaften Ergebnis führten, waren die Besucher des Museums im Januar 1986. Durch UV-Licht transzendierte das (Objekt)Ensemble ins Magisch-Irreale, zur "Kathedrale der zweifelhaften Helligkeit". Die Realisierung erforderte harten körperlichen Einsatz, der nur unter Beteiligung einer ganzen Gruppe von freiwilligen Helfern zu bewältigen war. Trotzdem wäre die Vollendung fraglich geworden, wenn Yvonne Goulbier und auch ihr Ehemann Klaus Müller nicht eine gerade ansteckende Lust an der Arbeit ausgestrahlt hätten. Ihre lockere, heitere Art schuf das beste Arbeitsklima, das auch den Museumsleiter animierte, zum Tacker zu greifen. Die nicht abgebrochenen Kontakte führten 1993 zur Gemeinschaftsausstellung Goulbier/Müller unter dem Titel "Ocean boulevard". (RL)

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Yvonne Goulbier: Die Kathedrale der zweifelhaften Helligkeit

"Die Kathedrale der zweifelhaften Helligkeit", 1986,
Schwarzlichtobjekt


Über Karl Heidelbach:

Die Karl Heidelbach-Ausstellung 1973 im Städtischen Museum war nicht die erste Präsentation des Künstlers in Gelsenkirchen, wie ich zunächst annahm: 11 Jahre vorher hatte Anneliese Knorr den "Objektebauer" Heidelbach im Pianohaus Kohl ausgestellt und damit, nicht das einzige Mal, die Ehre der Premiere eingeheimst. Aber es wurde doch noch eine Premiere, da Heidelbach nun mit Gemälden antrat, die mit den früheren Montagen nichts gemein hatten. Er überraschte mit einer perfekten, glatten Malerei, die bis heute sein Markenzeichen geblieben ist. Sein Motiv-Repertoir hat sich erweitert, kreist aber immer um bestimmte Schwerpunkte: Puppe, Roboter, Mensch - daneben auch Landschaft und Stillleben.
Der Mensch in Heidelbachs Bildern wirkt dagegen wie verschlossen in sich selbst, vereinzelt, kaum zur Kommunikation fähig, hin und wieder in ziellose Aggression ausbrechend, ein Fremdling in seiner Umwelt. Heidelbach klagt niemanden an, betreibt keine Sozialkritik, er malt mit "Scharfeinstelung" Objekte und Menschen, die unserer gegenwärtigen Welt angehören und wie unbeabsichtigt und beiläufig einiges über den Zustand dieser Welt mitteilen. (RL)

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Karl Heidelbach: Spurensuche

"Spurensuche", 1988
Öl auf Leinwand


Über Heinz-Albert Heindrichs:

Ist Heindrichs ein Romantiker? Ein Nachfahr jener malenden Dichter-Musikanten, denen sich die Klänge in Farben, die Farben in Worte und die Worte wieder in Farben und Klänge verwandeln? Ihm läge es wohl selbst am fernsten, zur Leditimation seines Schaffens eine genealogische Erbfolge nachzuweisen. Er lebt und arbeitet in der Gegenwart, und ihre Probleme sind auch die seinen. Musikalisch führt er das Verstummen der Musik vor, eine ins Tragische gewendete Abschieds-Sinfonie. Notenschrift mutiert zu nicht mehr spielbaren, grafischen "No-tationen", diese wiederum zu nicht lesbaren Schriftblättern, dichten Texturen, hinter denen ein nicht mehr entzifferbarer Sinn verborgen zu sein scheint, Botschaften aus einer vergessenen Welt. Seine Gedichte, angeregt von kleinen Erlebnissen, verschlüsselt, ausgreifend ins Kosmische, andeutend, tastend in Höhen und Tiefen, unausgesprochen oft getragen von tiefer Angst, das Vertrauen zu verlieren auf die Kraft der Musik, die Macht der Bilder und Wirksamkeit des Wortes. Trotzdem auch wieder voller Geduld, Duldung, wie versunken in das Gespinst der Gedanken.
Heinrichs ist ein Künstler von nicht gewöhnlichem Zuschnitt, keineswegs weltfremd, nicht ohne Widersprüche, trotz allem kein Pessimist - vielleicht ist er einer de wenigen Humanisten in einer Zeit, in der nicht nur die Humanität zur Dürftigkeit verkümmert ist.
Oder ist er doch ein Romantiker?
(RL)

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Heinz-Albert Heindrichs: Palimpsest

"Palimpsest", 1990
Mischtechnik


Über Hannah Höch:

1978 - sechs Jahre vor Inbetriebnahme des Neubaus - vegetierte das Museum Gelsenkirchen in beengten Räumen und mit knappen Mitteln mehr schlecht als recht dahin. Die Sammlung war magaziniert, in der “Alten Villa“ wurden Wechselausstellungen gezeigt, die zwar einen treuen Besucherkreis ins Haus zogen, jedoch kaum Breitenwirkungen erzielen konnten. Als Beispiel für die Tatsache, dass gar kein Ruf schlimmer ist als ein schlechter, erwies sich in diesem Jahr 1978 anlässlich einer Hannah Höch-Ausstellung bemerkenswert dadurch, dass es sich um die einzige nach den Vorstellungen der Künstlerin konzipierte Ausstellung handelte und die letzte zu ihren Lebzeiten. Die überregionalen Medien würdigten das Ergebnis mit keiner Zeile. Es war, eben die (richtige) Ausstellung am falschen Ort. Unvergessen bleiben die beiden Besuche bei der 88-jährigen Künstlerin in ihrem idyllischen Refugium in Berlin-Heiligensee, wo nur wenige Zutritt suchten und fanden. Ihre anfängliche Reserviertheit wich, als sie erfuhr, dass das verschollen geglaubte Bild “Gewächse“ sich wohlbehalten im Museum Gelsenkirchen befand.
So entstand die Idee einer Ausstellung nach ihrem Wunschthema “Ein Leben mit der Pflanze“, die im Mai/Juni 1978 im Museum Gelsenkirchen stattfand. Zehn Tage vor ihrem Tode am 31. Mai schrieb sie in ihrem wahrscheinlich letzten Brief u.a.:
“Ich freue mich sehr, dass Sie mit dem Erfolg zufrieden sind. Und ich bin glücklich, dass ich es noch erleben durfte; denn es erreichen mich viele Zuschriften, die mir sagen, dass viele Menschen den Zusammenhang unseres “Ichs“ mit unserem Nährboden, der Erde, und dem biologischen Urtrieb... noch nicht verloren haben oder wieder zum Erwecken brachten... In meinem Werk habe ich unendlich viele Male versucht, mit den sublimsten Mitteln der Kunst dies zu manifestieren. Ich danke Ihnen für Ihr Verständnis und grüße Sie herzlich - Ihre Hannah Höch.“ (RL)

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Hannah Höch: Wilde Malven

"Wilde Malven", 1938
Gouache


Über Horst Lerche:

Unter allen Kunstsparten musste sich in den letzten Jahrzehnten gerade die Malerei immer wieder mal nachsagen lassen, sie sei tot, ganz pauschal oder von Fall zu Fall. Aber auch hier gilt, dass sich Totgesagte einer besonderen Vitalität erfreuen. Wie könnte es anders sein bei der Malerei, die die ganze Erlebnisbreite der menschlichen Psyche über unendliche Tonskalen aufzunehmen und zu reflektieren vermag.
Und doch kann es für einen Maler von Bedeutung sein, temporär bewusst auf die traditionelle Malerei zu verzichten, um sie dann neu zu finden und neu zu handhaben. Horst Lerche ist diesen Weg gegangen, als er über eine Phase mit hölzernen Materialobjekten, sozusagen aus dürrem Holze, wieder die Farbe erblühen ließ... Vom Naturstoff - Holz - zum Naturbild Landschaft: nicht zuletzt auch ein Hinweis auf Lerches neues Verhältnis zur Natur und das ihm eigene Verfahren der Umsetzung. Lerche, der nie den bequemen Weg gegangen ist, der Anfeindungen begegnet ist, Ablehnung und Missverständnis erfahren hat, ist in seinem Werk zur Reife gelangt, was keinen Endpunkt bedeutet. Den Weg dahin zu finden, dazu hat sicher auch die weite Natur rings um seinen ländlichen Wohnsitz beigetragen. (RL)

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Horst Lerche: Konstruktion im Außenraum

"Konstruktion im Außenraum", 1991/92
Öl auf Holz

Über Nino Malfatti:

Ein Österreicher italienisch-rumänischer Abstammung in Berlin, ein Charlottenburger Tiroler und Nachfahr einer byzantinischen Kaiserdynastie — was alles musste zusammenkommen zur physischen und psychischen Prägung eines Künstlers, in dessen malerischem Werk sich die Liebe zur Bergwelt ebenso manifestiert wie eine bis in surrealistische Bereiche überfließende Fabulierkunst. Seine Malkultur und Zeichenkunst ohne Schwächen sind schlichtweg bewundernswert, trotzdem oder vielleicht deswegen blieb Malfatti ein Einzelgänger in seiner Kunst, von der Öffentlichkeit mehr respektiert als akzeptiert. Für einen Ausstellungsleiter mag es reizvoll sein, der jeweiligen Avantgarde auf der Spur zu bleiben, nicht minder reizvoll war für mich aber auch, Außenseiter aus ihren Nischen ins Museum zu holen und zur Diskussion zu stellen. So kam es 1980 zur ersten Malfatti-Ausstellung, zusammen mit dem Museum Bochum im Museum Gelsenkirchen. Die zweite Malfatti-Ausstellung in Gelsenkirchen 1990 zeigte die Wandlungen, die sich im Werk des Künstlers in zehn Jahren vollzogen hatten. Eines hatte sich nicht gewandelt: das nun 15 Jahre währende freundschaftliche Verhältnis, die gegenseitige Anteilnahme und die gemeinsame Basis für viele anregende Gespräche in Gelsenkirchen, Berlin und anderswo. (RL)

Zur Auswahl


 

Nino Malfatti: Die zweite Vergangenheit

"Die zweite Vergangenheit", 1992
Öl auf Leinwand

Über Tom Mosley:

Unter den teilnehmenden Künstlern ist Tom Mosley der einzige, der nie im Museum Gelsenkirchen ausgestellt hat, der auch nicht mit einem Werk in der Sammlung vertreten ist. Also gab es einen besonderen Grund, ihn um Teilnahme zu bitten. Seit vielen Jahren ist Mosley ein regelmäßiger Besucher des Museums, er hat die Entwicklung des Hauses mit Interesse und Anteilnahme verfolgt, war oft Gast in meinem Büro zu einem freundschaftlichen Gespräch. Er vermittelte Kontakte und half, wenn es einmal nötig wurde.
Eines hat er nie getan: Er hat nie auch nur mit der Spur einer Andeutung wegen einer Ausstellung oder eines Ankaufs seiner Werke angefragt. Natürlich nimmt man keinem Künstler übel, der entsprechende Anfragen macht, doch man empfindet es auch als wohltuend, wenn ein Künstler trotz des guten Kontaktes zum Museum dieses nicht tut. Dabei ist Tom Mosley ein Künstler, der sowohl in Hinsicht auf seine Schaffensrichtung als auch aufgrund seiner Qualität durchaus in das Programm des Museums gepasst hätte. (RL)

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Tom Mosley: Shadow Box

"Shadow Box", 1981
Objekt

Über Marianne Pohl:

Marianne Pohl gehört zu den Kunstschaffenden, bei denen die Betonung auf dem “Schaffen“ liegt, für die die Planung und Durchführung eines Werkes das Werk selbst darstellt, weniger das autonome Kunstobjekt. Zweimal ist Marianne Pohl im Museum Gelsenkirchen tätig gewesen. 1983 entstand die “Zeichnung einer Treppe“ im Treppenhaus der Alten Villa, eine Projektion (mit Klebeband) der architektonischen Treppenhauselemente auf die Treppenstufen, ein zunächst irritierendes, aber doch in seiner logisch— mathematischen Konsequenz durchscheinbares Linienspiel war das Ergebnis einer 8-tägigen, mit eisernem Fleiß und Akribie durchgeführten Arbeit.
1988 folgte die längst verdiente große Einzelausstellung mit Werken der 80er Jahre, die in der l4-tägigen Vorbereitungszeit wiederum Gelegenheit gab, ihr verlässliches Gespür ebenso zu bewundern wie ihren unermüdlichen persönlichen Einsatz, der sie nicht ruhen ließ, bis das aufwändige Werk in allem ihrem Anspruch genügte. (RL)

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Marianne Pohl: Rauminszenierung

ohne Titel, 1993
Fußbodenzeichnung


Über Many Szejstecki:

"Das Revier als Faszination" lautete der Titel einer Ausstellung in Oberhausen 1977, in der Many mit dem Kunstpreis des Kunstvereins Oberhausen ausgezeichnet wurde. Der Titel könnte auch als Motto seines gesamten Schaffens stehen, denn das Revier hat ihm, der von 1947 bis 1983 unter Tage als Bergmann, Steiger bzw. Bergingenieur tätig war, seinen unverwechselbaren Stempel aufgedrückt.
In die 60er Jahre fielen seine ersten Versuche auf künstlerischem Gebiet, sehr bald stellte sich eine exzeptionelle Begabung auf dem Gebiet Zeichnung und Grafik heraus. Er fand vollends zu seinem Stil, als er den Blick von der Erdoberfläche in die Tiefen des Reviers lenkte und die verborgenen Strukturen der “Unterwelt“ durchsichtig machte. Seine großen, akribisch gezeichneten Panoramen wirkten geradezu sensationell, irritierend der Blick von unten auf die vertraute Landschaft der Oberfläche, die sich wie eine dünne Haut über die mächtigen Wellenberge und -täler der geologischen Tiefenformationen spannt. Was aber das eigentliche Faszinosum ausmacht, ist die Tatsache, dass Manys Panoramen über die exakte Sachdarstellung hinaus echte Kunstwerke sind. (RL)

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Many Szejstecki: Unter dem Ruhrgebiet

"Unter dem Ruhrgebiet", 1991
Acryl auf Leinwand


Über Günther Uecker:

ICH GLAUBE, ER MAG DIE GELSENKIRCHENER

1964 war im Pianohaus Kohl ein Klavier zu benageln. Das war verabredet. Pianohausinhaber Johannes Tesch und ich machten uns auf den Weg nach Düsseldorf, wo der Künstler zweifelte, ob er den richtigen Termin beim Wickel hatte. Derweil wurden in den Räumen an der Weberstraße Böden und teure Instrumente mit großen Packpapierbogen geschützt. Wogegen, wusste von den Helfern so recht keiner. Gut vorbereitet hatte sich auch ZERO-Mitstreiter Heinz Mack mit einer Grundsatzrede, die heute noch häufig zitiert wird.
Drangvolle Enge herrschte, als Günther Uecker im Overall auftrat und lange Nägel mit dicken Köpfen in hartes Klavierholz schlug. Auch Günther Uecker hatte dieses einschneidende Ereignis nicht vergessen, das stellte ich im ersten Jahr meiner Tätigkeit als Kunstvereinsvorsitzende fest, als ich Uecker den Vorschlag machte, mit seinen Schülern in der Alten Villa des Museums Gelsenkirchen auszustellen. Er sagte spontan zu, obwohl zu diesem Zeitpunkt andere attraktive Anfragen vorlagen. Auch diese Präsentation wurde ein voller Erfolg, zumal der Eröffnung eine Diskussionsrunde mit den Schülern (unter ihnen einige Meisterschüler wie Mario Reis) folgte. (AK)

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Günther Uecker: Aufstand

"Aufstand", 1986
Wandobjekt


Über Friedrich Gräsel:

ZUSCHAUEN BEI DER BALANCE ZWISCHEN MALEREI UND PLASTIK

Über eine lange Distanz hatte ich Gelegenheit, Friedrich Gräsels Einstellung zur Kunst und zu den Menschen seiner Umgebung kennen zu lernen. Ein Gespräch mit ihm erschloss immer neue Perspektiven, und das ist bis heute so geblieben. In den 60er Jahren war Gräsel, zusammen mit Günter Tollmann, häufiger Gast bei den Ausstellungen im Pianohaus Kohl, und sein Beitrag zu den Diskussionen war besonders gefragt. Seine schlüssig formulierten kunsttheoretischen und didaktischen Einblicke in die Bereiche der zeitgenössischen Kunst verraten sein Metier als Hochschullehrer. Schwerpunkte setzt er seit fünfzehn Jahren mit seinen wuchtigen Röhrenplastiken, die ihn überregional und vor allem im Ausland bekannt machten.
Gräsel, der auch in der "Kunstmeile" häufig die Rolle des Sprechers und Anregers übernimmt, war in Gelsenkirchen zuletzt auf der Skulpturenwiese Rottmannsiepe mit farbigen Röhrenplastiken vertreten, deren Bemalung sich aus technischen Signaturen herleitete. (AK)

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Friedrich Gräsel: Ringstele

"Ringstele"
Röhrenplastik


Über Jiri Hilmar:

EIN KÜNSTLER AUS PRAG BEREICHERT DIE SZENE

Als der gebürtige Tscheche Jiri Hilmar nach seiner Übersiedlung 1969 in die damalige Bundesrepublik und nach mehreren Jahren Aufenthalt in der Nähe von München 1974 ins Ruhrgebiet verschlagen wurde, empfand man ihn als Gewinn für eine Kunstentwicklung, die sich im Wechselspiel zwischen rationalen Konzepten und freier Form entfaltete. Hilmar, Gründungsmitglied des Klubs der Konkretisten in Prag, bot einen interessanten Gegenpol zu den Künstlern des Halfmannshofes. Die strenge Ordnung der seriellen Papierreliefs konstrastierten mit den sinnlichen Erfahrungen der Schaumstoffobjekte Ferdinand Spindels.
In der Folgezeit entdeckte Hilmar, den eine Künstlerfreundschaft mit Frantisek Kyncl verband, als Naturmaterial das Holz, das zu seinem bevorzugten Werkstoff werden sollte. Damit einher ging eine neu geknüpfte Beziehung zur Landschaft und eine kritische Hinterfragung der Umwelt. Seinen Standpunkt vertritt er bei Symposien, zu denen er häufig eingeladen wird, durch Installationen, die die polare Situation zwischen Mensch und Natur beleuchten. (AK)

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Jiri Hilmar: Kleine Birne

"Kleine Birne", 1993
Birnbaumholz


Über Anton Stankowski:

ZEICHEN FREUNDSCHAFTLICHER VERBUNDENHEIT

Beweise einer viele Jahre überdauernden Zuwendung, die mich ab und an erreichen, dediziert er mir mit der Versicherung alter Freundschaft und dem Zusatz "in Erinnerung an unsere Jugendzeit". Damit siedelt er offenbar unsere Bekanntschaft in den 20er Jahren an. Damals ging ich allerdings noch zur Schule, und Anton saß mit meinem Mann und anderen Studenten dem Professor Max Burchartz an der Essener Folkwangschule zu Füßen.
Obwohl ich ebenfalls das Gefühl hatte, ihn ewig lange zu kennen, erinnere ich mich der ersten Begegnung genau. Es war 1969 in Bonn-Bad Godesberg, wo Anton Stankowski, Schöpfer des Berlin-Layouts, das grafische Erscheinungsbild der Stadt Gelsenkirchen innerhalb einer Ausstellung im Bundesbauministerium auf den Weg brachte. Seine gestalterische Vorgabe für Berlin erwies sich als äußerst wertvoll für das Gelsenkirchener Modell, das als zweites Stadt-Layout nach dem Stankowski-Entwurf Aufsehen erregte.
Dem folgten verschiedene Besuche von Else und Anton Stankowski im Ruhrgebiet, so u.a. zur Eröffnung der Ausstellung 1976 in den Diensträumen des Oberbürgermeisters im Hans-Sachs-Haus und 1977 im Städtischen Museum Gelsenkirchen. Die Kontakte wurden mit der Zeit immer enger, denn Prof. Anton Stankowski, 1906 in Gelsenkirchen geboren, vergaß seine Heimatstadt nicht. Die Übereignung wichtiger Teile seines umfangreichen Werkes für die Städtische Kunstsammlung ist einer der zahlreichen Beweise seiner unerschütterlichen Verbundenheit mit den Stätten seiner Kindheit und des Aufbruchs in eine große Lebensaufgabe. (AK)

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Anton Stankowski:  Fliegende Formen

"Fliegende Formen", 1976
Acryl auf Leinwand


Über Adolf Luther:

DER MAGIER DES LICHTS KAM HÄUFIG NACH GELSENKIRCHEN

Die Bekanntschaft mit Adolf Luther reicht bis Anfang der 60er Jahre zurück. Damals erschien der studierte Jurist mit Promotion wie ein Novum im Kunstgeschehen der Nachkriegszeit. Ein Staatsbeamter, der die bürgerlichen Lebensumstände mit dem unsicheren Terrain der zeitgenössischen Kunst vertauschte, wandelte sich zum Künstler und zu einem Magier des Lichts.
1963 lernte man ihn in Gelsenkirchen anlässlich der "ZERO"-Ausstellung in der Künstlersiedlung Halfsmannhof kennen. Zwei Jahre später war er dort noch einmal mit Megert und Cremer zu Gast. Damals zeigte Luther seine berühmtem Lichtschleusen als Beispiele für die Polarität von Materie und Licht.
1981 hatte der Kunstverein Gelegenheit, ihm in dem Ausstellungsprojekt "Lichter in Gelsenkirchen" eine Demonstration seiner Ideen anzutragen: den "fokussierenden Raum" in einem mit schwarzen Tüchern ausgeschlagenen Ambiente. 1986 stellte die Galerie Kremer seine selten gezeigten "Lesestücke" vor, eine Reminiszenz an die Objektkunst der 60er Jahre. (AK)

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Adolf Luther: Vierzeiler-Objekt

"Vierzeiler-Objekt", 1990
Spiegelobjekt


Über Ulrich Erben:

BEKANNTSCHAFT MIT DEN "FARBEN DER ERINNERUNG"

Im Februar 1988 realisierte sich endlich eine lange Verabredung zwischen dem Kunstverein Gelsenkirchen und Ulrich Erben über eine Ausstellung mit seiner Klasse. Die Ausstellungsreihe "Lehrer - Schüler", mit Günther Uecker 1981 erfolgreich begonnen, gefiel auch dem in Münster lehrenden Professor. Ulrich Erben brachte 18 Studierende mit, die in der Museumsvilla freie Hand bekamen. Dabei entfaltete sich ein breites Spektrum zwischen Malerei, Objekt, Materialbild und Plastik, das Aufschluss gab über die pädagogischen Maximen des Lehrers. Ulrich Erbens lockerer, aber dennoch prägender Einfluss war an den Beiträgen der Studentinnen und Studenten deutlich abzulesen. Als Schwerpunkt wirkte indessen die Erben-Präsentation mit großformatigen Tableaus.
Erben gilt als einer der wichtigsten Vertreter der elementaren Malerei, die auf einem reduzierten Formen- und Farbenvokabular basiert. Obwohl in Erbens Malerei Hinweise auf Landschaftseindrücke nachzuweisen sind, steht der Einsatz der Farbe zwischen Dichte und Transparenz im Vordergrund. 1967, nach einer Amerikareise, hatte Erben die Möglichkeit einer Raumbildung ohne Perspektive entdeckt, sodass das flächig-konstruktive Element stärker hervortritt. Damit zu tun hat sicherlich auch ein Werkzyklus "Farben der Erinnerung", in dem die Farbe als Medium für visuelle Eindrücke dient.
Der Kunstverein freut sich, dass Ulrich Erben die Verbindung zur hiesigen Kunstszene nicht aufgegeben hat, und so ist er in Gelsenkirchen immer ein gern gesehener Gast. (AK)

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Ulrich Erben: Farben der Erinnerung

"Farben der Erinnerung", 1989
Acryl auf Leinwand


Über Udo Scheel:

Mit Udo Scheel, Professor an der Staatlichen Kunstakademie Münster, hatte der Kunstverein Gelsenkirchen seit langem einen Künstler im Visier, der in hervorragendem Maße geeignet erschien, die Ausstellungsreihe "Lehrer - Schüler" fortzusetzen. Aber das hieß schon bald, offene Türen einrennen, denn Schüler von Scheel hatten sich bereits auf anderem Wege die Wände des Museums erobert. Sie stellten einige Sieger beim Karl-Schwesig-Preis, der für Hochschulstudenten ausgelobt wird.
Da lag es nahe, dem Professor eine Einzelausstellung anzutragen mit einer ausführlichen Würdigung seines Werkes. Die Gelegenheit ergab sich 1991 im Anschluss an eine Ausstellungstournee, die im Museum Abtei Liesborn ihren Anfang genommen hatte. Die Präsentation in der Alten Villa des Museums Gelsenkirchen war ein großer Erfolg, zumal sich an das Ereignis etliche Publikumsgespräche anschlossen.
Auch vorher schon wurden Gesprächsrunden mit Udo Scheel besonders geschätzt, da er sich als geübter und einfühlsamer Interpret seiner eigenen und der Kunst im allgemeinen erwies.
In diesem Jahr erlebte die Städtische Kunstsammlung eine Bereicherung durch sein großformatiges Ölbild "Grünes Licht", das die Gelsenkirchen-Stiftung dem Museum schenkte. (RL)

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Udo Scheel: Seltsame VerkündigungUdo Scheel: Judith

"Seltsame Verkündigung", 1988 (links)
"Judith", 1988 (rechts)


Über Norbert Thomas:

Künstlern wie Norbert Thomas ist es zu verdanken, dass die Konkrete Kunst auch in neuester Zeit nicht in dogmatische Erstarrung verfällt, sondern durch das Einbringen neuer Ideen und eigener Anschauungen ihre Vitalität bewahren kann. Thomas rüttelt nicht an den Grundprinzipien der Konkreten Kunst, er bedient sich ihrer Gestaltungsmittel, aber er verleibt ihnen eine neue Dynamik, gibt ihnen eine neue Richtung durch Hinzuziehung eines anderen Gestaltungsmittels: "System und Zufall" war der Titel einer Ausstellung 1992 im Museum Gelsenkirchen mit Arbeiten von Norbert Thomas, und damit ist das Wesentliche seines Arbeitsprinzips ausgesagt. Es erlaubt ihm Freiheiten in der Bindung, das Strenge mit dem Spielerischen zu versöhnen. Bei aller scheinbaren Kargheit sind Thomas' Bilder von einer untergründigen Heiterkeit und Leichtigkeit. System und Zufall finden bei ihm zusammen zu einer glücklichen Ehe. (RL)

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Norbert Thomas: Raum-Form2/Außenformen

"Drei Außenformen", 1989 (links)
Acryl auf Leinwand
"Raum-Form 2", 1989
Röhrenobjekt


Über Jochen Zellmann:

EINE GEBALLTE LADUNG GESTISCHER MALEREI

Ins Jahr der Grundsteinlegung für das neue Museum 1982 fiel die Doppelausstellung "Jochen Zellmann und seine Schüler" des Kunstvereins Gelsenkirchen. Zu Anfang war geplant, das Werk Zellmanns in einer Einzelausstellung zu zeigen. Seine Bilder wirkten wie eine mächtige Demonstration des heraufziehenden abstrakten Expressionismus und stießen bei Kunstkennern auf größtes Interesse. Aber Zellmann, Professor in Münster und zugegebenermaßen umgeben von höchst talentierten Studierenden, wollte einige von ihnen mit nach Gelsenkirchen bringen. Und so ergab sich eine weitere Version der Reihe "Lehrer - Schüler".
Um den Plan nicht am Raumproblem scheitern zu lassen, wurde eine Kooperation mit dem Städtischen Museum angestrebt. Ich stellte die Schüler in den Räumen der Kommunalen Galerei im Hans-Sachs-Haus aus und Museumsdirektor Dr. Lange zeigte die Arbeiten Zellmanns in der Alten Villa. Dieses Beispiel einer sinnvollen Zusammenarbeit von Kunstverein und Museum weitete sich in der Folgezeit aus und besteht bis heute.
Ich erinnere mich an einen Besuch zusammen mit Dr. Lange im Atelier des Künstlers, wo der Entstehungsprozess über Skizzen und Zeichnungen bis zur Verwandlung in die dynamische Bildsprache der großen Formate sichtbar wurde. Hier wurde klar, dass Jochen Zellmann zu den Impulsgebern einer neuen Phase der zeitgenössischen Kunst gehörte. Das Schöne an der Begegnung vor mehr als zehn Jahren mit einem agilen Künstler und seinem wegweisenden Werk ist die Beständigkeit des Kontakts. Die damals entstandene freundschaftliche Verbindung hat sich noch nicht abgenutzt. (AK)

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Jochen Zellmann: Farbstücke

"Neapelgelb und bräunliches Pigment", 1987
Wandobjekt

Die Ausstellung "Ereignisse - Begegnungen mit Bildern und Menschen" kann als besonderer Höhepunkt unserer Aktivitäten im Jahr 1993 betrachtet werden. Sie präsentierte die Werke von 37 Künstlerinnen und Künstlern im Städtischen Museum Gelsenkirchen (Alte Villa sowie Clubraum und untere Galerie im Neubau). Ein besonderer Anlass prägte das Konzept der dreiteiligen Ausstellung: Meine Vorstandskollegin Anneliese Knorr vollendete ihr 75. Lebensjahr und Museumsdirektor Dr. Reinhold Lange verabschiedete sich in den Ruhestand. Unter dem Leitmotiv "Begegnung mit Bildern und Menschen" hatten beide je 14 Künstler/innen ausgewählt, an die sie sich gern erinnerten bzw. zu denen im Laufe der Zeit ein freundschaftlicher Austausch entstanden war.

Bei Anneliese Knorr handelte es sich vorzugsweise um Kunstschaffende aus der Region, deren Werk sie nicht nur als Ausstellungsmacherin des Kunstvereins, sondern in gleicher Weise als ehemalige Leiterin der Kommunalen Galerie Gelsenkirchen begleitet hat. Das passte vorzüglich in unsere seit vier Jahren verfolgten Bestrebungen um die "Kunstmeile Gelsenkirchen", ein Vorhaben unter dem Aspekt KUNST IM ÖFFENTLICHEN RAUM, das sich dem Projekt "IBA Emscher Park" zuordnet.
Dr. Reinhold Lange hingegen benannte Künstler/innen aus seinem langjährigen Ausstellungsrepertoire, mit denen er freundschaftlichen Kontakt hielt.
Die in einer dritten Abteilung präsentierten neun Künstler/innen waren von Knorr/Lange gemeinsam vorgeschlagen worden.

Durch die in der vom Kunstverein inszenierten Ausstellung sichtbar werdende unterschiedliche Motivation gewann das Thema an Spannung und Aussagekraft. Anneliese Knorrs Auswahl stand für die Zielvorstellung des Kunstvereins, wonach die Motivierung der Künstler/innen des Ruhrgebietes einen Schwerpunkt darstellt. Das gleiche gilt für die Förderung der Nachwuchstalente. Somit waren im Erdgeschoss der Alten Villa sowohl namhafte und verdiente Protagonisten der Revierszene versammelt als auch Erfolg versprechende junge Nachwuchskünstler.
In dem von Dr. Lange belegten ersten Stockwerk nahmen Künstler einen breiten Raum ein, die im Laufe der Jahre ein besonderes Verhältnis zu Gelsenkirchen entwickelt hatten. Damit vervollständigte sich das Bild einer lebendigen Zusammenarbeit zwischen Kunstverein und Museum, das von beiden Seiten stets im Blickfeld stand.

Mit der Ausstellung "Ereignisse" hofft der Kunstverein deutlich gemacht zu haben, dass es ihm nicht ausschließlich darum geht, neueste Trends und spektakuläre Zeiterscheinungen publik zu machen. Nach unseren Vorstellungen gehören zu einer effektiven Begegnung der Bürgerinnen und Bürger mit der bildenden Kunst auch die Darstellung und Bewertung von Grundlagen, auf denen die heimische Kunstsituation basiert. Das veranlasste uns beispielsweise 1988 zum 20-jährigen Bestehen des Kunstvereins, eine Dokumentation "Kunst der Sechzigerjahre in Gelsenkirchen" vorzulegen, die die in unserer Stadt gepflegte avantgardistische Kunst jener Zeit zum Inhalt hatte.
Die besondere Kraftanstregung für die Ausstellung "Ereignisse", über deren Eröffnungsfeierlichkeiten bereits eine Sondernummer erschienen ist, wurde begleitet von dem Beistand des Landes Nordrhein-Westfalen, der Stadt Gelsenkirchen sowie der heimischen Wirtschaft und ihres offiziellen Gremiums, der Gelsenkirchen-Stiftung. Für dieses sich auch durch steigende Besucherzahlen ausdrückende Interesse an den Darbietungen der bildenden Kunst in Gelsenkirchen hat der Kunstverein vielen Mitstreitern herzlich zu danken. Dieses Zusammengehen, das jetzt in einer Dokumentation gipfelt, ermutigt für die Arbeit des kommenden Jahres.

Ulrich Daduna, Vorsitzender

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Pressestimmen

EINIGE HUNDERT AUSSTELLUNGEN GEMANAGT:
ANNELIESE KNORR BRACHTE DIE MENSCHEN ZUR KUNST

Als "Mutter der Künstler" tituliert sie ein Bericht von 1989: Anneliese Knorr, Journalistin und Ausstellungsmacherin. Heute wird sie 75 Jahre.
Nach dem Abitur hatte Anneliese Knorr bei Zeitungen in Münster und Düsseldorf volontiert und sich in dieser Zeit schon vorwiegend mit Kunst, Literatur und Theater beschäftigt. Als freie Journalistin und Werbetexterin schlug sie sich in den folgenden Jahren durch. 1961 begann sie die Tätigkeit, die sie weit über Gelsenkirchen hinaus bekanntgemacht hat: Sie organisierte ihre ersten Ausstellungen, damals noch im Pianohaus Kohl. "Avantgarde der 60er Jahre" überschrieb sie diese erste Veranstaltungsreihe.
In dieser Zeit wurde sie auch Mitglied des Kulturausschusses, als sachkundige Bürgerin, ehe sie 1965 Mitarbeiterin des Presseamtes wurde.
Einmal im Hans-Sachs-Haus, machte sie auch das zur Galerie, zur "Kommunalen Galerie". Das begann mit Ausstellungen im Dienstzimmer des Oberbürgermeisters, damals Hubert Scharley, die "Junge Ruhrgebietskünstler" präsentierten. 1976, als sie zum Kulturamt wechselte, bekam sie noch mehr Gelegenheit, sich ihrem zum Beruf gemachten Hobby, den Kunstausstellungen, zu widmen. Rund 100-mal konnte sie zu Eröffnungen einladen, ins OB-Zimmer, ins Ratsfoyer, in das Schalker Gymnasium, aber auch in die Bonner NRW-Vertretung und ins Landeshaus Münster. Auch als sie 1982 aus dem Dienst schied, setzte sie diese Arbeit fort, managte weiter die Kommunale Galerie. Erst Ende 1988 übergab sie diese Arbeit an Reinhard Hellrung.
Erwähnenswert ist auch Anneliese Knorrs Tätigkeit als Kunstsammlerin. Manche Raritäten brauchte sie nicht zu kaufen, erhielt sie zur Erinnerung geschenkt, beispielsweise die vielen Karten zu ihrem 65. Geburtstag, die ihr den Stoff lieferten für eine Ausstellung im Oberbürgermeister-Zimmer.
Nachzutragen ist noch die Tätigkeit beim Kunstverein. Von 1980 bis 1983 war sie Vorsitzende, seither ist sie Stellvertreterin. Allein in ihren drei Vorsitz-Jahren war sie für zwölf Ausstellungen und fünf Diskussionsabende verantwortlich.
Heute dürfte im Hause Knorr manche Erinnerung aufgefrischt werden. Da ist dann gewiss die Rede davon, wie Günther Uecker im Pianohaus Kohl das Klavier benagelte, dass Heinz Mack und George Rickey im Halfmannshof ausstellten. Gelsenkirchen zehre noch vom Aufrieb in den 60er Jahren, schrieb Anneliese Knorr vor einigen Jahren. Sie war an diesem Schwung weentlich beteiligt.

(Ruhr-Nachrichten vom 26. Juli 1993)


VON KÜNSTLERN UND KATZEN:
ABSCHIED REINHOLD LANGE / GEBURTSTAG ANNELIESE KNORR

(HaS) Was haben Katzen mit Kunst zu tun? Kulturdezernent Peter Rose kennt die Antwort: Sowohl im Leben des ehemaligen Museumsdirektors Dr. Reinhold Lange als auch in der Biographie der Sammlerin und Ausstellungs-Managerin Anneliese Knorr spielen Katzen eine wichtige Rolle. Von der Kunst gar nicht zu reden.
Zur großen Abschiedsfeier des Museums-Chefs, die zugleich Geburtstagsfête für die 75-jährige Anneliese Knorr war, kamen ganze Gästescharen aus Politik und Verwaltung, aber auch zahlreiche Künstler ins Museum. Und bei Anneliese Knorr musste man nach dem Katzen-Thema nicht lange suchen: Katzen-T-Shirts und kleine Statuen befanden sich unter den Präsenten.
Im Fall Dr. Reinhold Lange musste Kulturdezernent Rose für seine Laudatio erst einmal herausfinden, dass der Byzantinistik-Experte während seiner kunstgeschichtlichen Arbeit in Griechenland eine Katze besaß. Die Personalakte des scheidenden Museumsdirektors war hingegen wenig aufschlussreich für eine Würdigung: "Das einzige interessante, was ich darin gefunden habe", so Peter Rose, "war die Bewerbung - sie kam aus Athen."
Zu Anneliese Knorr fiel ihm spontan ihr Stoßseufzer ein: "Das bleibt sowieso wieder alles an mir hängen." Die zahlreichen Ausstellungen, die sie initiiert und organisiert hat, wären ohne ihre privaten Kontakte kaum in gleicher Form realisierbar gewesen. Als besonderes Geschenk vom Kulturdezernenten erhielt sie eine Fangopackung - "damit Sie uns noch lange erhalten bleiben."
Aufgaben hat die 75-jährige stellvertretende Vorsitzende des Kunstvereins ja noch genug; als "Chefideologin" will sie weiterhin dafür sorgen, dass Ausstellungen zu relevanten Themen wie "Kunst und Landschaft" komponiert werden.
Ganz andere Pläne verfolgt Dr. Reinhold Lange, der sich bereits auf einen Bauernhof im Emsland zurückgezogen hat. Von seinem Mitarbeiter-Kegelclub ließ sich "Paul" (so nannten ihn studentische Kegelbrüder nach dem Maler Paul Klee) eine Staffelei schenken. Und nachdem sein "Wunschkandidat" Klaus Flemming das Amt des Museums-Chefs übernommen hat, wird Pensionär Lange nach langer Zeit wieder an der Leinwand aktiv. Ob, wie es sich Kulturdezernent Rose wünscht, in einigen Jahren eine Schau mit Langes Bildern im Museum präsentiert wird, bleibt abzuwarten.

(Ruhr-Nachrichten vom 28. Juli 1993)


KÜNSTLER DANKEN ANNELIESE KNORR UND MUSEUMSDIREKTOR DR. LANGE

"Ich kann ja nur sagen - toll", so kommentierte Anneliese Knorr die feierliche Eröffnung der Ausstellung "Ereignisse" am Sonntagmorgen im Museum. Alles, was in der Kunstszene Rang und Namen hat, sowie Vertreter aus Stadtverwaltung und Rat drängten sich in der alten Villa.
Anneliese Knorr, die im Juli ihr 75. Lebensjahr vollendet, wurde für ihre 35-jährige Tätigkeit als Wegbegleiterin und gelegentlich auch Wegbereiterin von Künstlern gewürdigt; ein weiterer Anlass war die anstehende Pensionierung von Museumsdirektor Dr. Reinhold Lange.
Kulturminister Hans Schwier, Schirmherr der Ausstellung, würdigte das Schaffen von Anneliese Knorr, Dr. Reinhold Lange und des Kunstvereins. Ulrich Daduna, Vorsitzender des Kunstvereins, sagte in seiner Begrüßungsrede:

"Wenn Kunst in Gelsenkirchen und im Ruhrgebiet heute einen wichtigen Stellenwert im öffentlichen Leben besitzt, so ist das zu einem erheblichen Teil auf Anneliese Knorrs unerschöpfliche Energie, auf ihr resolutes Engagement, auf ihre starke persönliche und herzliche Ausstrahlung zurückzuführen. Dr. Reinhold Lange war für uns stets ein guter Partner bei der Ausstellungsgestaltung und zeigte sich unseren Plänen gegenüber sehr aufgeschlossen."

Für die Künstler sprachen Bernard P. Woschek und Dr. Peter Faßbender. Woschek, der Anneliese Knorr seit 24 Jahren kennt, macht u.a. Cartoons fürs Fernsehen. Witzelte Anneliese Knorr: "Du hast mich in deiner Rede heute ja mächtig aufs Knorn genommen, so ähnlich wie schon den Bundeskanzler. Dann bin ich also jetzt eine berühmte Persönlichkeit." Woschek lobte Anneliese Knorrs Arbeit als Journalistin und Kunstkritikerin. Ihr Wunsch sei es, "den Ausstellungssockel ein bisschen niedriger zu sägen" und Kunst alltäglicher und fassbarer zu machen. Woschek: "Anneliese Knorr ist ausgebildete Journalistin, aber keine Akademikerin. So hat die Stadt Gelsenkirchen ihr dann auch die Leitung der "Kommunalen Galerie" unentgeltlich "überlassen". Anneliese Knorr lässt sich in ihrer unermüdlichen Arbeit für die Kunst dadurch nicht stören. Ihr so bekannter Ausspruch "Dat bleibt allet wieder an mir hängen" wird vor "versammelter Mannschaft" von Bernard P. Woschek bestätigt: "Alles bleibt an dir hängen, nämlich Ruhm und Ehre."

(Buersche Zeitung vom 28. Juli 1993)


ALTES NEU GESEHEN: GELSENKIRCHEN ZEIGT "EREIGNISSE"

(HJL) Wie ein Spaziergang durch die Strömungen der bildenden Kunst der vergangenen Jahrzehnte wirken diese "Ereignisse" im Museum Gelsenkirchen. Der Kunstverein begreift sie als Hommage an Reinhold Lange, über 20 Jahre Direktor dieses Instituts, und an Anneliese Knorr, die als Stadtgaleristin und als langjähriges Vorstandsmitglied des Kunstvereins ebenfalls das Klima in der regionalen Kunstszene bestimmte.
Das Duo wählte über 80 Werke von 37 Künstlern als "Ereignisse" aus. Es ist also eine Art persönliche Bilanz. Eine Ernte, die das Bemühen zeigt, sich von finanziell ähnlich bescheiden ausgestatteten Museen durch eigenes Profil abzusetzen. Dabei fällt auf, dass internationale Kunst nur spärlich vertreten ist. Andererseits kann das Gelsenkirchener Institut mit einem Eigenbesitz aufwarten, der die klassische Moderne ebenso umfasst wie eine hochwertige kinetische Sammlung oder wie Kollektionen prominenter Sammler und Künstler vom Range eines Paul Maenz oder Anton Stankowski. Die Schenkungen der beiden Mäzene bilden längst Schwerpunkte. Stankowskis Design-Konstruktivismus und frühe Fotografien aus dem Ruhrgebiet, von der Bauhaus-Kunst damals geprägt, würden auch andere Museen in NRW bereichern.
Um noch ein paar Höhepunkte dieser "Ereignisse" zu nennen: Marianne Pohls Raum-Installation, die ein Wege-Labyrinth auf den Boden zeichnet, Hannah Höchs Garten-Sichten in der Nachfolge des deutschen Expressionismus und Udo Scheels figurative Großformate mit erotischem Flair, in denen sich die flirrenden Berlin-Milieus der 30er Jahr wiederfinden könnten.

(Westdeutsche Allgemeine Zeitung vom 28. Juli 1993)

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